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Sozialpolitik

GLOBALISIERUNG UND ARMUT IN LATEINAMERIKA

Von Dennis Chávez de Paz*

 

In der letzten Dekade des Globalisierungsprozesses wurde Lateinamerika in seinem Wirtschaftswachstum gestärkt. Dieser Prozess hatte allerdings keine bedeutende Auswirkung auf die Armutsreduzierung für die Bevölkerung dieser Region. Untersuchen wir diesen Widerspruch:

 

Anhand des HDI (Human Development Index) - Index der menschlichen Entwicklung -,  der jährlich veröffentlicht wird, unterteilen die Vereinte Nationen in ihrem letzten Bericht von 2006 die lateinamerikanischen Ländern in drei Gruppen, je nach erreichtem Niveau dieses Indexes. Dieser Index reflektiert wie sich das Wirtschaftswachstum in der Lebensqualität der Bevölkerung niederschlägt. In der ersten Gruppe der 46 Länder mit höherer relativer menschlicher Entwicklung befinden sich Uruguay, Argentinien, Chile, Costa Rica und Kuba. In der Mitte finden wir alle anderen lateinamerikanischen Länder mit Ausnahme von Haiti, das den niedrigsten Index aufweist. Haiti gehört also zu den ärmsten Ländern der Welt, wozu mehrheitlich die afrikanischen und asiatischen Länder zählen. Sierra Leone ist weiterhin das ärmste Land des Planeten.

 

Die relative Armut, in der sich die Mehrheit der Bevölkerung Lateinamerikas befindet, schlägt sich vor allem in hoher Arbeitslosigkeit, hoher Unterbeschäftigung und prekären Einkommen nieder. Das Einkommen deckt nicht einmal die Grundbedürfnisse, so dass alle Familienmitglieder arbeiten müssen, minderjährige eingeschlossen. In den Ländern mit einem mittleren Index der menschlichen Entwicklung, also der Mehrheit der lateinamerikanischen Länder, haben aus der gesamten Erwerbsbevölkerung im Durchschnitt nur 30% der Menschen eine feste Arbeit, 62% sind unterbeschäftigt und 8% arbeitslos. Während die Arbeitslosen in den entwickelten Ländern eine Unterstützung des Staates bekommen, sind es in Lateinamerika die Familienmitglieder mit Einkommen, die den Unbeschäftigten das Überleben ermöglichen.

 

Zweifellos begünstigte die Globalisierung einen Zuwachs der Exporte Lateinamerikas, insbesondere der Rohstoffe, was zu einem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) führte. Immer noch können aber 70% der Bevölkerung ihre Grundbedürfnisse nicht decken. Trotz der wirtschaftlichen Erfolge der Globalisierung ist die Bevölkerung Lateinamerikas also weiterhin arm.

 

Es gibt viele Faktoren die sich in dieser Situation auswirken, unter anderem folgende: Die hohen Gewinne der Exporteure werden nicht ausreichend reinvestiert, so dass der interne Markt nicht ausreichend wachsen kann und die Wirtschaft diversifiziert wird. Der Einsatz von  Spitzentechnologie in der Förderung der natürlichen Rohstoffe beschränkt die Beschäftigung von Arbeitskräften in der Produktion. Die armseligen Löhne vermögen nicht den Inlandskonsum zu dynamisieren, was zur Folge hat, dass die Produktion von Gütern und Dienstleistungen nicht gesteigert werden kann.

 

Globalisierung nach außen und statische Armut

Der Globalisierungsprozess hat die Länder Lateinamerikas zwar in die Weltwirtschaft eingegliedert, die Wirtschaft dieser Länder begünstigt aber nicht die Mehrheit der Bevölkerung. Im Gegenteil die Arbeits-, Unterbeschäftigungs- und Arbeitslosenraten sowie die Löhne bleiben statisch. Die Armutsindices haben nur unbedeutend abgenommen.

 

Globalisierung und Armut in Lateinamerika sind Prozesse, die getrennt zu gehen scheinen, sie sind nicht interdependent. Ist diese Interpretation richtig, sind die Volkswirte gefordert, diesen Prozess wissenschaftlich zu erklären und wirtschaftspolitischen Maßnahmen zu entwerfen, die den Regierungen helfen, diese Armutstendenz der Länder im Rahmen der Globalisierung umzukehren.

 

Globalisierung und wirtschaftliche Ausbeutung

Die Globalisierung in Lateinamerika drückt sich insbesondere durch intensive und anhaltende Gewinnung der natürlichen Ressourcen für den Weltmarkt durch multinationale Unternehmen aus. Dies begünstigt nicht die notwendige industrielle Entwicklung dieser Länder. Die Arbeiter müssen oft mehr als acht Stunden täglich arbeiten, die Arbeitsbedingungen sind schwierig, die Löhne miserabel. Unter diesen Bedingungen stellt die Globalisierung eine neue Form der Ausbeutung der lateinamerikanischen Bevölkerung dar.

 

Globalisierung, Soziale Konflikte und Umwelt

Die Globalisierung wird von großen Teilen der Bevölkerung negativ bewertet, denn für viele bedeutet es Ausbeutung der Arbeitskraft und Enteignung der Ressourcen wie z.B. in den Gebieten der Mineralgewinnung. Weiters ist die Umweltverschmutzung zu einem Problem geworden. Dies manifestiert sich in Form der Vergiftung der Flüsse, der Weideländer der Bauern und der generellen Vergiftung der Böden in der Nähe der Rohstoffförderungsgebiete.

 

Vor allem, die Bevölkerung der Orte, an denen multinationale Unternehmen agieren, empfindet daher die Aktivitäten dieser Unternehmen und die Globalisierung als schädlich für sie und ihre Länder. Als Folge dessen mobilisieren sie sich in Widerstand gegen die wirtschaftlichen Aktivitäten dieser Unternehmen.

 

Globalisierung und Linksorientierung der lateinamerikanischen Regierungen

Die tiefen Spuren, die Globalisierung und Armut in den Ländern Lateinamerikas hinterlassen, haben die Nationalbevölkerung sensibilisiert und aufgerüttelt, so dass sie sich für die Wahl von linksorientierten Regierungen entschieden hat. Wir haben Regierungen mit dieser politischen Tendenz in einem wichtigen Teil Lateinamerikas, insbesondere in Südamerika, wo sich die Länder mit höherer relativer Entwicklung, größeren Volkswirtschaften und mehr Bevölkerung befinden. Die Länder mit sozialistischer Tendenz – allerdings in verschiedenen Schattierungen –  sind: Venezuela, Brasilien, Nicaragua, Chile, Uruguay, Bolivien und Ecuador. In Mexiko und Peru sind die vor kurzem gewählten Regierungen zwar rechtsorientiert, haben aber mit weniger als 1% Stimmenvorteil gewonnen, was bedeutet, dass auch hier die Tendenz in Richtung sozialistischer Politik weist.

 

Es ist interessant zu beobachten, dass die Länder mit den höheren Indices der menschlichen Entwicklung (HDI) Regierungen mit sozialistischer Tendenz haben: Uruguay, Chile und Argentinien. Diese drei gehören sogar zu der Gruppe der Länder mit dem höchsten HDI der Welt. Dieses Paradoxon kann aber mit der großen existierenden Gegensätzlichkeit zwischen reich und arm erklärt werden.

 

*Dr. der Soziologie, Magister der Wirtschaft und Rechtsanwalt.

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Ins Deutsche übersetzt von Rodrigo Sarmiento

15. Jänner 2007

 

 

 

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